In der Schweiz arbeiten immer mehr Menschen nach der Pensionierung weiter. Hauptgründe sind Freude an der Arbeit, fehlende Nachfolgelösung oder fehlende Pensionskassenrente. Hier erfahren Sie, was Sie beim Übergang von der Erwerbstätigkeit zur Pensionierung beachten sollten.
«Ich arbeite trotz meiner Pensionierung Teilzeit als Treuhänder. Diese Aufgabe macht mir Freude. Ich schätze den Kontakt mit anderen Menschen und den finanziellen Zustupf zusätzlich zu meiner Rente.»
Von der Bogenkarriere bis zur sanften Landung: Machen Sie sich Gedanken über das für Sie passende Ausstiegsszenario aus dem Berufsleben.
Die Weiterarbeit nach der Pensionierung und die verschiedenen Übergangsmodelle wirken sich auf Ihre Rente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) aus.
Auswirkungen auf Ihre AHV-Rente
Für die meisten Versicherten ist die berufliche Vorsorge (BVG) die wichtigste Einkommensquelle nach der Pensionierung. Die 2. Säule unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der 1. Säule.
Auswirkungen auf Ihre PK-Rente
Ihr Entscheid einer Weiterarbeit kann sich auf Ihre steuerliche Situation, auf die Unfallversicherung und Krankentaggeldversicherung auswirken.
Nebst der Weiterarbeit und der Pensionierung stehen Ihnen verschiedene Übergangsmodelle offen. Der Fachkräftemangel bietet Ihnen gute Chancen, eine massgeschneiderte Lösung zu finden, die Ihren Wünschen und jenen Ihres Arbeitgebers entsprechen. Diese Modelle lassen sich kombinieren. Es ist wichtig, die Auswirkungen auf Ihre Sozialversicherungen und Ihre Finanzen gut zu prüfen.
Sie reduzieren vor dem ordentlichen Pensionsalter Ihr Arbeitspensum und treten von Führungspositionen zurück. Damit nehmen Sie zwar ein tieferes Einkommen in Kauf, können dafür aber Stress vermeiden. Denn Ihre Leistungsfähigkeit bleibt nicht über die ganze Erwerbszeit hinweg konstant. Vielmehr verläuft die Leistungskurve bogenförmig. Ähnlich verhält es sich mit dem Einkommensbedarf: In mittleren Jahren ist die Belastung aufgrund eigener Kinder und Hypotheken am höchsten. Später sinkt diese Belastung. Dem trägt die Bogenkarriere Rechnung.
In den letzten Jahren oder Monaten des Berufslebens reduzieren Sie das Arbeitspensum auf 80 oder 60 Prozent – zum Beispiel mit einer Teilpensionierung. Sie gewinnen mehr Freizeit und die Möglichkeit, frühzeitig in eine anspruchsvolle Rentnertätigkeit einzusteigen.
Sie reduzieren Ihre Aufgaben und Ihr Arbeitspensum in den letzten Jahren vor der Pensionierung. Zum Ausgleich verlängern Sie die Erwerbstätigkeit über das Rentenalter hinaus. Das ermöglicht ein ausbalanciertes Nebeneinander von Berufsarbeit und Freizeit.
Damit Sie nicht von einem Tag auf den anderen in den Ruhestand gehen, übernehmen Sie für eine begrenzte Zeit in einem Teilzeitpensum spannende Aufgaben ausserhalb Ihres Berufs wie etwa ein Coaching junger Fachleute, Managerinnen und Manager.
Die Weiterarbeit nach der Pensionierung und die verschiedenen Übergangsmodelle von der Erwerbstätigkeit in die Pensionierung wirken sich auf Ihre Rente der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) aus. Folgende Aspekte sollten Sie bei der Wahl Ihres Modells berücksichtigen.
Die Maximalrente der AHV ist doppelt so hoch wie die Minimalrente. Sie beträgt 2450 Franken im Monat für Einzelpersonen und 3675 Franken für Ehepaare (Stand 2023). Die Minimalrente steht Ihnen nicht automatisch zu. Die Höhe Ihrer Rente hängt im Wesentlichen von vier Faktoren ab:
Sie erhalten Ihre AHV-Rente nicht automatisch. Damit sie rechtzeitig eintrifft, müssen Sie Ihre Rente drei bis vier Monate vor dem gewünschten Zeitpunkt bei der Kasse beantragen, die zuletzt Ihre AHV-Beiträge abrechnete. Falls Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin bereits eine Altersrente bezieht, ist die Ausgleichskasse zuständig, die diese auszahlt. Die Renten werden monatlich meist zu Monatsbeginn im Voraus überwiesen – bei ordentlicher Pensionierung erstmals ab dem Folgemonat des 65. Geburtstags.
Sie können die AHV-Altersrente ein oder zwei Jahre vorzeitig beziehen oder den Bezug um mindestens ein Jahr bis maximal fünf Jahre aufschieben. Ein Vorbezug bedeutet eine lebenslange Kürzung der Rente um 6,8 Prozent pro Jahr. Ein Rentenaufschub wird hingegen mit einem Zuschlag von 5,2 Prozent jährlich belohnt. Bei fünf Jahren sind es 31,5 Prozent.
Die AHV-Reform «AHV21», die per 2024 in Kraft tritt, erleichtert den schrittweisen Übergang in die Pensionierung:
Sie müssen einen Rentenaufschub melden, um von den Zuschlägen zu profitieren. Den Aufschub müssen Sie spätestens innerhalb eines Jahres ab Anspruch auf eine ordentliche Altersrente geltend machen. Sobald Sie Renten bezogen haben, ist kein Aufschub mehr möglich.
Der Abruf ist nach dem ersten aufgeschobenen Jahr jederzeit möglich. Sie müssen sich nicht im Voraus auf einen Zeitraum festlegen. Wenn Sie allerdings die aufgeschobene Rente vor Ablauf des ersten Jahres abrufen, wird Ihnen die Rente rückwirkend ausgezahlt – ohne Zuschlag.
Die Beitragspflicht an die AHV/IV/EO endet nicht mit Erreichen des Referenzalters. Sie müssen auf Ihrem Einkommen weiterhin Beiträge bezahlen. Jedoch gibt es für Erwerbstätige im AHV-Alter einen Freibetrag. Dieser beträgt nach bisher geltendem Recht 1400 Franken monatlich oder 16’800 Franken jährlich (Stand 2023). Liegt Ihr Lohn unter dieser Grenze, müssen Sie keine Beiträge an AHV, IV, EO und Familienausgleichskasse bezahlen.
Mit dem Aufschub der Altersrente schieben Sie auch allfällige Kinderrenten auf. Witwen- oder Witwerrenten erhalten Sie während der Aufschubdauer ebenfalls nicht. Bezieht Ihr Ehemann oder Ihre Ehefrau bereits eine Alters- oder Invalidenrente, muss diese wegen Ihres Aufschubs möglicherweise neu berechnet werden und kann tiefer ausfallen. Selbst wenn Sie den Bezug Ihrer AHV-Rente aufschieben, können Sie trotzdem eine Rente Ihrer Pensionskasse (2. Säule) beziehen.
Für die meisten Versicherten ist die berufliche Vorsorge (BVG) die wichtigste Einkommensquelle nach der Pensionierung. Die 2. Säule unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der 1. Säule.
Bei der AHV gelten für alle die gleichen Regeln. Auch Selbständige und Nichterwerbstätige sind obligatorisch versichert. In der beruflichen Vorsorge legt das Gesetz nur Mindeststandards fest: das Obligatorium. Arbeitnehmende müssen ab einem jährlichen Einkommen von 22’050 Franken (Stand 2023) obligatorisch in der 2. Säule versichert sein. Versichert ist im Obligatorium der Teil des Jahreslohns von 25’725 bis und mit 88’200 Franken. Der Arbeitgeber muss sich zu mindestens 50 Prozent an den PK-Beiträgen seiner Mitarbeitenden beteiligen. Selbständigerwerbende wählen frei, ob sie sich einer PK anschliessen.
Die Höhe Ihrer PK-Rente hängt nicht nur von Ihren Beiträgen und denjenigen Ihres Arbeitgebers ab, sondern der Anlagestrategie Ihrer PK, der Kapitalverzinsung und vom Umwandlungssatz. Dies ist der Prozentsatz, mit dem Ihr Altersguthaben in eine jährliche Rente umgerechnet wird. Für die obligatorische Vorsorge beträgt der Umwandlungssatz bei ordentlicher Pensionierung 6,8 Prozent (Stand 2023). Für den überobligatorischen Bereich bestimmt jede PK den Umwandlungssatz selbst. Die Höhe Ihrer Altersrente ergibt sich aufgrund einer Mischrechnung.
Bei Stellenwechseln, Lohnerhöhungen oder längeren Auszeiten können Vorsorgelücken in der 2. Säule entstehen. In diesen Fällen kann sich ein Einkauf lohnen – vor allem kurz vor der Pensionierung, wenn sich zuverlässiger ausrechnen lässt, wie sich die Einzahlung auswirkt. Wollen Sie Ihr Altersguthaben als Rente beziehen, sind Einkäufe meist bis einen Monat vor der Pensionierung möglich. Planen Sie einen Kapitalbezug, müssen Sie den Einkauf mehr als drei Jahre vor der Pensionierung tätigen. Denn nach einem Einkauf dürfen Sie die Summe während dreier Jahre nicht als Kapital beziehen. Lohnend ist ein Einkauf nicht nur wegen höherer Leistungen, sondern auch weil man ihn in der Steuererklärung abziehen kann.
In der beruflichen Vorsorge können Pensionskassen ein tieferes Referenzalter als 65 vorsehen – allerdings nicht tiefer als 58 Jahre. Eine gesetzliche Anmeldefrist für den Rentenbezug gibt es nicht. Es empfiehlt sich jedoch, ihn rechtzeitig anzukündigen – etwa sechs Monate vor der Pensionierung. Ein vorzeitiger oder aufgeschobener Rentenbezug ist möglich.
Im Gegensatz zur AHV haben Sie bei der beruflichen Vorsorge die Wahl: Statt eine Rente können Sie das ganze angesparte Alterskapital beziehen. Planen Sie den Kapitalbezug aus steuerlichen Gründen so, dass Sie im selben Jahr nicht auch die Gelder Ihrer 3. Säule beziehen oder Freizügigkeitskonten auflösen.
Falls Sie schon vor Erreichen des Rentenalters kürzertreten, aber keine Frühpensionierung möchten, gibt es mehrere Alternativen. Was möglich und in Ihrem Fall sinnvoll ist, klären Sie mit Ihrer Pensionskasse. Sie können sich verschiedene Optionen ausrechnen lassen.
Wenn Sie nach dem reglementarischen Rentenalter weiterarbeiten, haben Sie ab 2024 Anspruch auf einen Aufschub der Altersleistung der 2. Säule bis zum Alter 70. Die gesetzliche Beitragspflicht an die PK endet, wenn Sie das Referenzalter erreichen – selbst dann, wenn Sie den Rentenbezug aufschieben. Vorsorgeeinrichtungen können jedoch die Möglichkeit vorsehen, dass die Versicherten über das Rentenalter hinaus Beiträge einzahlen.
Wenn Sie mit dem Bezug der Altersleistungen zuwarten, steigt der Umwandlungssatz und damit die spätere Rente üblicherweise. Doch in Zeiten stetig sinkenden Umwandlungssätzen ist das nicht garantiert. Jedoch bleiben Sie bis zur definitiven Pensionierung gegen die Risiken Invalidität und Tod versichert.
Aktuell findet auf dem Arbeitsmarkt ein tiefgreifender Wandel statt: 2019 gingen erstmals mehr Personen in Rente, als ins Erwerbsleben eintraten. Die geburtenstarken Jahrgänge der «Babyboomer» gehen zunehmend in Rente. Laut Bundesamt für Statistik haben 2021 in der Schweiz fast 100’000 Personen erstmals eine AHV-Rente bezogen – Tendenz stark steigend. 2015 waren es 10’000 Personen weniger. Während die Pensionierungswelle der Babyboomer wächst, rückt eine tiefere Anzahl junger Arbeitskräfte nach, die zudem vermehrt Teilzeit arbeiten. Der Bedarf der Wirtschaft nach Arbeitskräften steigt. Das eröffnet Chancen für ältere Arbeitnehmende.