Suchterkrankungen sind im Alter weit verbreitet, bleiben jedoch oft unerkannt. Betroffene Seniorinnen und Senioren schämen sich für ihren übermässigen Konsum oder verharmlosen ihn. Die Risiken für ihre Gesundheit sind beträchtlich. Erfahren Sie mehr über Ursachen, Symptome und Möglichkeiten der Prävention.
«Neue Kontakte wirken schützend gegen die Entwicklung einer Sucht.»
- Silvia Hablützel, Pro Senectute Appenzell Ausserrhoden
Sucht im Alter ist ein weit verbreitetes Tabuthema: Viele Betroffene leugnen oder verharmlosen das Problem. Das verhindert eine frühzeitige Chance auf Behandlung. Untersuchungen zeigen: Personen im Alter von mehr als 65 Jahren weisen den höchsten Anteil an chronisch riskantem Alkoholkonsum auf. Auch was die tägliche Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln betrifft, liegt die Altersgruppe 65plus an der Spitze. Weiter sind Spiel- und Kaufsucht im Alter ein Thema: Problematisches Kaufverhalten nimmt mit dem Alter zu und steigt ab 75 Jahren weiter an. Risikoreiches Spielverhalten ist in der Altersgruppe 65plus zwar nicht höher als in anderen Altersgruppen – trotzdem sind ältere Menschen davon betroffen.
Erfahren Sie mehr über die Risiken und Auswirkungen der gängigsten Suchtmittel.
In der Schweiz konsumiert gut ein Viertel der Seniorinnen und Senioren über 65 Jahren täglich Alkohol. Studien zeigen, dass rund acht Prozent der über 65-Jährigen einen chronisch riskanten Alkoholkonsum aufweisen und dadurch ihrer Gesundheit schaden. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, jedoch nimmt der risikoreiche Konsum seit einigen Jahren bei Frauen zu. Dabei ist im Alter ein vorsichtiger Umgang mit Alkohol umso wichtiger. Denn der Wasseranteil im Körper nimmt ab. Der Alkohol verteilt sich auf weniger Flüssigkeit. Somit steigt der Alkoholgehalt im Blut und der Alkohol wirkt stärker. Dadurch führt er im Alter schneller zu körperlichen Schädigungen. Und: Eine Abhängigkeit stellt sich früher ein.
Alkohol ist ein Genussmittel. Viele Seniorinnen und Senioren konsumieren es in Massen. Alkohol kann jedoch Probleme mit sich bringen. Regelmässiger oder gelegentlicher Alkoholkonsum birgt Risiken. Beachten Sie: Gemäss dem Blauen Kreuz gibt es kein risikoarmer Alkoholkonsum.
Für den Alkoholkonsum empfiehlt Alter und Sucht folgende Richtwerte:
1 Standardglas | |
Bier | 3 dl (5 Prozent Vol.) |
Wein | 1 dl (15 Prozent Vol.) |
Schnaps | 4 cl (38 Prozent Vol.) |
Körperliche Beschwerden gehören zum Älterwerden dazu. Sie führen zu erhöhter Einnahme von Medikamenten. Seniorinnen und Senioren greifen häufig zu Schmerz- und Beruhigungsmitteln, die eine höhere Suchtgefahr bergen. Der Übergang zur Medikamentensucht geschieht schleichend und oft unbemerkt. Die regelmässige Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln nimmt im höheren Alter signifikant zu. Frauen nehmen deutlich häufiger regelmässig solche Medikamente ein als Männer. Ab 69 Jahren nimmt fast jede zehnte Frau täglich Benzodiazepine oder konsumiert ähnliche Substanzen.
Diese Anzeichen helfen Ihnen und Ihren Angehörigen, Medikamenten-Missbrauch zu erkennen:
In vielen Fällen ist nicht die Verschreibung, sondern die unterlassene Kontrolle der Einnahme das Problem. Überprüfen Sie regelmässig bei Ihrer medizinischen Fachperson die Dosis und Kombination Ihrer Medikamente.
Viele Seniorinnen und Senioren mischen den Konsum von Alkohol und Medikamenten. Alkohol und Medikamente erhöhen gegenseitig ihre Wirkung. Die negative Wechselwirkung entsteht nicht nur bei gleichzeitiger Aufnahme von Alkohol und Medikamenten. Der Effekt kann mehrere Stunden später einsetzen. Ein Mischkonsum bringt hohe Risiken mit sich:
Dürfen Sie Ihre Medikamente mit Alkohol kombinieren? Fragen Sie bei Unsicherheiten Ihre Hausärztin, Ihren Hausarzt oder in der Apotheke.
Das Älterwerden ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Kritische Situationen oder Lebensereignisse können einen riskanten Konsum von Alkohol und Medikamenten oder sogar eine Suchterkrankung auslösen. Seniorinnen und Senioren rutschen durch regelmässigen und unkritischen Konsum von Alkohol und Medikamenten in eine Abhängigkeit. Die Suchtauslöser sind vielfältig:
Aus übermässigem Konsum kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Achten Sie auf folgende Suchtanzeichen:
Die Unterstützung von Angehörigen und Fachpersonen ist wichtig, damit Betroffene ihren Lebenssinn und ihre Lebensfreude finden und erhalten. Erfahren Sie, wie Sie Sucht im Alter vorbeugen oder Bezugspersonen schützen können.
Wenn Anzeichen von Alkohol- oder Medikamentensucht auf Sie oder eine Bezugsperson zutreffen, sprechen Sie dies bei Vertrauenspersonen an und holen Sie professionellen Rat von Fachpersonen ein.
Überprüfen Sie bei Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt regelmässig Ihr Konsumverhalten von Alkohol und Medikamenten. Klären Sie ab, ob Sie Alkohol mit Ihren Medikamenten mischen dürfen und was es dabei zu beachten gilt.
Haben Sie als Bezugsperson ein Auge auf das Konsumverhalten von Seniorinnen und Senioren. Wenn Sie ein kritisches Konsumverhalten beobachten, sprechen Sie dies bei der betroffenen Person offen an. Bleiben Sie verständnisvoll, einfühlsam und verurteilen Sie die Person nicht. Unterstützen und ermutigen Sie die betroffene Person, ihr Konsumverhalten bei Fachpersonen abzuklären.
Stress und Überforderung begünstigen gefährliches Konsumverhalten. Entlasten Sie sich durch Hilfsangebote für zu Hause. Betreuungsleistungen geben Ihnen Sicherheit und Struktur im Alltag.
Eine gute und frühzeitige Pensionierungsvorbereitung hilft Ihnen, Ihren Alltag nach Berufsaustritt strukturiert zu planen und abwechslungsreich zu gestalten. So beugen Sie Langeweile vor.
Pflegen Sie Ihre persönlichen Kontakte und führen Sie ein aktives Sozialleben. So gelingt Ihnen ein abwechslungsreicher Alltag und Einsamkeit vorzubeugen. Und Sie schaffen eine Vertrauensbasis in Krisensituationen.
Durch körperliche Betätigung tun Sie Ihrem Körper und Geist etwas Gutes und knüpfen neue soziale Kontakte. Sport bereichert Ihren Alltag und bietet die Möglichkeit, Stress abzubauen und vorzubeugen.
Kulturelle, gestalterische und intellektuelle Freizeitaktivitäten und Veranstaltungen wie Malen, Jassen oder Sprachen lernen geben Ihnen Struktur und ermöglichen Ihnen, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Ältere Menschen verfügen über wert volle Lebenserfahrung und Problemlösungskompetenz. Im Falle einer Abhängigkeit später im Leben lässt sich daran anknüpfen. Der Mensch ist ein Leben lang lernfähig. Wichtig ist, dass die Suchtberatung und -behandlung altersgerecht gestaltet ist und die individuelle Lebenssituation sowie Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren berücksichtigt. Zeichnet sich ein Leidensdruck ab, sollten Betroffene nicht zögern und umgehend bei einer Fachstelle oder der Hausärzteschaft Hilfe holen. Angehörige sollten Veränderungen bei ihren Liebsten ansprechen und sich ebenfalls professionell beraten lassen.